Projekt „Reaktivierung des Backhauses der Primusschule Schalksmühle“

Vorgeschichte und Planung bis zum ersten Backen in 2020

Im Oktober 2019 entstand im Rahmen des LEADER Projektes „Südwestfalens blühende Vielfalt erhalten“ an der Primusschule Schalksmühle die Idee, das neben der Obstwiese gelegene Backhaus demnächst wieder zu nutzen.

Seit langer Zeit wurde das geräumige Backhaus, das noch unter dem ehemaligen Schulleiter der Hauptschule, Herrn Otto gebaut wurde, schon nicht mehr genutzt. Die Hauswirtschaftslehrerin der Primusschule, Frau Claudia Dossow, konnte sich auch vorstellen, den Holzbackofen des Backhauses wieder in Betrieb zu nehmen.

Da der ehemalige Leiter der Bäckerfachschule Olpe, Herr Leo Trumm, auch ein leidenschaftlicher Obstliebhaber ist, der selber Veredelungskurse anbietet, bestand seit einiger Zeit über das LEADER-Projekt und den Pomologen-Verein NRW Kontakt zu Herrn Trumm.
Als dieser von der Idee zur geplanten Wiederbelebung des Backhauses an der Primusschule Schalksmühle erfuhr, war er sofort bereit, die Schule bei ihrem Vorhaben zu unterstützen.
Auch die Schulleiterin der Primusschule, Frau Astrid Bangert und Lehrerkollegen von Frau Dossow konnten für das Projekt „Wiederbelebung des Backhauses der Primusschule“ gewonnen werden.

Nach einem Vortreffen im Sommer wurde am Freitag, 29.08. ein erster Probe-Backtag eingeplant.
Bei dem Vortreffen wurde deutlich, dass ein seit längerer Zeit nicht mehr genutzter Steinofen zunächst einmal sehr schonend vorgeheizt werden muss. Durch die lange Standzeit befindet sich meist viel Restfeuchte im gemauerten Gestein eines Ofens. Diese konnte durch das vorsichtige Anheizen über mehrere Tage, ohne Risse zu erzeugen, langsam entweichen.

Natürlich fragt man sich, in welchem Zusammenhang ein Backhaus zum Brotbacken mit den Inhalten des LEADER-Projektes „Südwestfalens blühende Vielfalt erhalten“ steht.
Da traditionell in vielen Backhäusern früher die Restwärme zum Dörren von Obst genutzt wurde, war hier auch ein Anknüpfungspunkt gefunden. Außerdem sollten in dem Ofen neben Broten auch Obstkuchen und Früchtebrote gebacken werden, natürlich mit regionalen Obstsorten.
Weil das Backhaus idealerweise an die schuleigene Streuobstwiese grenzt, könnten dort zukünftig auch Apfelkuchen gebacken- und Birnenschnitze und Zwetschen getrocknet werden.
Außerdem bietet es sich an, auf der Obstwiese neben dem Backhaus besondere lokale Birnensorten aus dem Raum Schalksmühle weiter zu erhalten, die sich gut zur Herstellung von Dörrobst eignen.

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Umsetzung der Projektes unter besonderen Bedingungen

Backtag, 29.08.2020

Die Corona-Pandemie erforderte von allen Beteiligten bei der Vorbereitung zum geplanten Backen besondere Achtsamkeit und die Einhaltung der empfohlenen Hygienemaßnahmen. So waren das Tragen einer Maske und das regelmäßige Händewaschen für Schüler, Lehrer und Helfer eine Selbstverständlichkeit.

Die für den Betrieb des Backhauses benötigten Utensilien wurden zum Teil von Herrn Trumm zur Verfügung gestellt oder waren noch vorhanden.

Mit dem vorsichtigen Einheizen des Ofens am Dienstag, 26.08.2020 begann die konkrete Vorbereitung auf das gemeinsame Backen. Dabei wurde das Holz im Backraum des Ofens verbrannt, in den später auch die Brote kommen sollten. Ein sich in der Wand des Ofens befindendes Thermometer zeigte die dabei erzeugte Temperatur an.

Beim ersten Backtag am Freitag, 29.08.2020 wurden zunächst Roggenmischbrote mit einem Roggenanteil von 70% gebacken.
Bevor die Teiglinge in den Ofen konnten, wurde die restliche Asche aus dem Ofen gekehrt und der Ofenboden mit einer so genannten Bäckerfahne, ein an einem Holzstiel befestigter feuchter Lappen, gereinigt.

Nach dem Backen der Roggenmischbrote nutzten wir die Restwärme des Ofens, um bei ca. 150°C noch zwei Birnenkuchen zu backen, die auch als „Schwatze Flaam“, Schwarze Birnenfladen oder Spiesfladen bezeichnet werden. Bei diesem Gebäck nimmt man nicht Birnenstücke als Belag, sondern der Kuchenteig wird mit einem Mus bestrichen, das aus eingeweichten Dörrbirnen, Rübenkraut, etwas Zucker und Anis besteht.

Für diesen Kuchen wird im Aachener Raum traditionell die Birnensorte „Münsterbirne“ genommen.
Die getrockneten Münsterbirnen haben die Eigenschaft, dass das aus ihnen hergestellte Birnenmus beim Backen sehr dunkel wird.
Auch im Märkischen Kreis, besonders rund um Iserlohn, sind noch mächtige Altbäume der Münsterbirne zu finden. Die im August reifenden kleinen Früchte sind sehr aromatisch, aber leider nur kurz haltbar. Sie eignen sich hervorragend zum Dörren.
Die hier verwendeten Münsterbirnen stammten aus Iserlohn und wurden zuvor am 15.08. im historischen Dörrofen beim Wasserschloss Haus Assen in Lippetal getrocknet.
Früher wurde der „Schwatze Flaam“ noch regelmäßig zu Beerdigungen im Aachener Raum gereicht. Durch den Rückgang der Münsterbirnen und der traditionellen Dörrkultur nehmen heute Bäcker vermehrt Pflaumenmus als Ersatz für die „Münsterbirne“.

Nach der Kuchenherstellung wurde der Holzbackofen der Primusschule noch zur Dörrobstherstellung genutzt. Dazu verwendeten wir Früchte einer lokalen Birnensorte aus Schalksmühle, die den Arbeitsnamen „Holthauser Dörrbirne“ erhalten hat. Diese Birne entwickelt mittelgroße Früchte, welche etwa Mitte bis Ende August reif werden. Vor der Trocknung wurden die Birnen gewaschen, geviertelt und entkernt. Die so vorbereiteten Früchte kamen auf Lochbleche, die mit einer Lage anderer Bleche unterbaut wurden, um das Verbrennen der Birnen zu unterbinden.

Da die Temperatur des Ofens noch über 100° C angezeigte, bestand die Gefahr, dass der in den Birnen enthaltene Zucker karamellisiert.

Nach einer Nacht im Ofen waren die Birnen ausreichend weit getrocknet, um sie zu entnehmen. Die abgekühlten gedörrten Früchte wurden anschließend in Gläser verpackt und standen den Schülern von Frau Dossow als gesunder Snack zur Verfügung.

Backtag, 04.12.2020

Für den geplanten Backtag am 04.12.2020 wurde Ofen mit dem Vorheizen bereits zwei Tage vorher begonnen. So brannten die ersten Holzscheite im Ofeninneren bereits 02.12.2020.

Durch die kühle Witterung Anfang Dezember konnte zur Vorbereitung der Brotlaibe die geräumige Schulküche der Primusschule Schalksmühle genutzt werden. Durch das großzügige Raumangebot war auch genügend Abstand unter den Schülern gewährleistet. Zusätzlich wurde für ausreichendes Lüften gesorgt.

Da das Backhaus zu Beginn noch eine Temperatur von ca. 280°C hatte, wurden zunächst Roggenmischbrote und Weizenmischbrote gebacken.

Zum Schluss wurden die geformten Teiglinge für insgesamt 20 Früchtebrote auf abgedeckten Blechen in das Backhaus gebracht. Die Früchtebrote enthielten auch regionale Dörrbirnen aus verschiedenen LEADER-Regionen des Projektes, welche zuvor im Dörrofen beim Haus Assen in Lippetal getrocknet worden sind. Für den Teig wurde zur Hälfte Roggenmehl und Roggenvollkornmehl verwendet.

Nach etwa 45 Minuten waren die Früchtebrote dann fertig gebacken und konnten auf ihren Blechen dem Ofen entnommen werden.

Ein besonderer Dank…

…gilt Herrn Leo Trumm, ohne dessen Hilfe die Wiederbelebung des Backhauses nicht hätte umgesetzt werden können. Mit viel Liebe und Begeisterung für die Erhaltung der Brotkultur und pädagogischen Feingefühl sorgte er dafür, dass sowohl Schüler und Erwachsene aufmerksam zu hörten und die zwei durchgeführten Backtage als gemeinsames Erlebnis wahrnahmen, das gefühlt und geschmeckt werden konnte.
Herr Trumm stellte dankenswerter Weise die von ihm selbst hergestellten Brotteige und Gerätschaften zum Backen der Primusschule unentgeltlich zur Verfügung.

Hervorzuheben ist auch die Hilfe von Herrn Bremer, der Ehemann einer Lehrerin, der mit dafür gesorgt hat, dass der Ofen für die zwei Backtermine über mehrere Tage ausreichend vorgeheizt wurde.

Ausblick

Es bleibt festzustellen, dass das Projekt zur Wiederbelebung des Backhauses an der Primusschule Schalksmühle in 2020 gelungen ist.
Für die Schüler und Lehrer war das gemeinsame Backen eine willkommene Bereicherung des Schulalltages mit der praxisnahen Ergänzung des Hauswirtschaftsunterrichtes, was eine Fortsetzung der Veranstaltungen im Backhaus der Primusschule nahelegt.
In welcher Form es dabei im Jahr 2021 konkret weitergeht, hängt natürlich auch von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie ab.

Um die langfristige Nutzung des Backhauses zu gewährleisten, sollte auf jeden Fall eine leistungsstarke Teigmaschine angeschafft werden.
Außerdem ist es wünschenswert, dass sich ein größerer Förderkreis bildet, der den Fortbestand des Backhauses unterstützt, damit so die anfallenden Arbeiten gut verteilt werden können.

Die gute Qualität der im Holzbackofen der Primusschule erzeugten Backwaren spricht jedenfalls auch für eine Fortführung der Backtage im Backhaus am Rande der Streuobstwiese.