Wiederbelebung des Dörrofens am Haus Assen bei Lippetal im Sommer/Herbst 2020

Wiederbelebung des Dörrofens am Haus Assen bei Lippetal im Sommer/Herbst 2020

Eine Kooperation von mehreren LEADER-Regionen

Über den Kontakt zu einem Obstliebhaber aus Welver ist die Verbindung unseres LEADER-Projektes zur Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V. hergestellt worden, die den Dörrofen am Haus Assen ab März 2019 in einer Gemeinschaftsaktion restauriert hat.

Das Haus Assen, ein von Wäldern und Wassergräben umgebenes Renaissance-Schloss, das auf das 11. Jahrhundert zurückgeht, ist heute im Besitz der katholischen Ordensgemeinschaft der Diener Jesu und Mariens.

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Auf einer Insel neben dem Schloss lag jahrelang ein halb verfallenes Gebäude, welches sich erst bei der genauen Untersuchung im Jahr 2019 als ehemaliger Dörrofen herausstellte. Der Ofen wurde vermutlich um 1830 erbaut und bis etwa 1905 betrieben. Danach wurde das Gebäude als Eiskeller und Hühnerstall genutzt. Nah bei dem Dörrofen hatte sich eine Eiche gesät, die mittlerweile zu einem mächtigen Baum herangewachsen ist.

In Zusammenarbeit der IG Bauernhaus und den Padres der Ordensgemeinschaft wurde der Dörrofen in liebevoller Arbeit und mit der Unterstützung von Sponsoren im Jahr 2019 wieder hergestellt.

Dabei ist die alte Eiche beim Wiederaufbau mit in das Gebäude des Dörrofens integriert worden.

Anfang Oktober 2019 konnte dann der erste Probebetrieb des Ofens stattfinden. Das Trockengut befindet sich dabei auf sogenannten Hürden, das sind Holzrahmen mit Böden aus Edelstahlgittern.

Früher waren die Böden aus Holzstreben, die sich aber schlecht reinigen ließen.

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Gemeinsam mit der IG Bauernhaus und der Ordensgemeinschaft am Haus Assen wurde bereits Ende 2019 überlegt, ob der restaurierte Dörrofen zukünftig nicht sinnvoll für das LEADER-Projekt „Südwestfalens blühende Vielfalt erhalten“ genutzt werden könnte.

Zusammen mit Ulla Grünewald von der IG Bauernhaus reifte dann die Idee, regionale Obstsorten aus den verschiedenen LEADER-Regionen im Dörrofen beim Haus Assen zu trocknen.

Gerade in den Höhenlagen des Märkischen Kreises gibt es auch heute noch viele kleinfruchtige und aromatische Birnensorten, die früher traditionell von Landwirten getrocknet wurden.

Heute werden die Früchte kaum noch verwertet, was einerseits an der geringen Fruchtgröße und der kurzen Haltbarkeit dieser Birnen liegt. Andererseits sind manche der Birnen auch weniger zum Frischverzehr geeignet, da sie teilweise einen geringen Gerbstoffanteil aufweisen. Interessanterweise verschwindet der durch die Gerbstoffe hervorgerufene leichte Bitterton nach der Wärmeeinwirkung des Dörrofens. Gering gerbstoffhaltige Birnen eignen sich daher meistens auch gut als Schmorbirnen oder zum Einkochen.

Da die weiter nördlich gelegenen LEADER-Regionen des Projektgebietes, wie etwa „Lippe-Möhnesee“ und „Börde trifft Ruhr“ klimatisch begünstigter sind, wurden hier häufiger großfruchtigere Tafelbirnen angebaut, die sich aber auch zum Dörren eignen. Von den großfruchtigen Birnen lassen sich z.B. die Sorten „Westfälische Glockenbirne“ und „Neue Poiteau“ gut trocknen.

Insgesamt wurde jetzt bereits an drei Terminen im Dörrofen vom Haus Assen erfolgreich Obst aus verschiedenen LEADER-Regionen getrocknet.

So fanden sich am 15.08, 19.09. und 24.10. jeweils samstags verschiedene Personen am Dörrofen ein, um Äpfel, Birnen, Quitten und Zwetschgen gemeinsam für die Trocknung im Ofen vorzubereiten.

Zunächst wurde jeweils das Obst verlesen, gewaschen und abgetrocknet. Bei Äpfeln, größeren Birnen und Quitten wurde anschließend das Kerngehäuse entfernt und die Früchte dann in Ringe oder Spalten geschnitten. Die kleinfruchtigen Dörrbirnensorten gaben wir entweder ganz oder halbiert auf die Dörrgitter. Zwetschgen wurden mit einem Pflaumen-Entsteiner vom Kern befreit.

Die Zusammensetzung der Obstarten änderte sich bei den verschiedenen Dörrterminen. Im August wurden überwiegend Birnensorten getrocknet. Im September kamen dann auch Zwetschgen und einige Äpfel hinzu. Im Oktober setzte sich über die Hälfte des Dörrgutes aus Äpfeln und Quitten zusammen.

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Verwendete Birnensorten: Münsterbirne, Goldschwänzchen, Stuttgarter Geißhirtle, Plettenberger Herrenbirne, Rheinische Speckbirne, Pastorenbirne, Herrenhäuser Winterchristenbirne,

AN „Brenscheider Roggenbirne“, AN „Holthauser Dörrbirne“, AN „Herscheider Dörrbirne“

Verwendete Apfelsorten: Goldparmäne, AN „Lüdenscheider Schafsnase“, Blutapfel,

AN „Steinapfel-Verwechsler“, Rheinischer Krummstiel, Rheinischer Winterrambur,

Blauacher Wädenswil

Verwendete Pflaumensorten: Wangenheimer Frühzwetschge, Stromberger Zwetschge

 

Funktionsweise des historischen Dörrofens am Haus Assen

Der Ofen wird über eine gusseiserne Klappe von außen mit Holz beheizt. Die heiße Luft und der Rauch wird in langen Zügen, so genannten Füchsen, an den Wänden und dem Boden des aus Ziegeln gemauerten Dörrraumes vorbeigeleitet. So kommt das Dörrgut nicht mit Rauch und hohen Temperaturen in Kontakt.

Der beim Dörren entstehende Wasserdampf wird über den so genannten Bosen, einer Öffnung im Dach des Dörrofens nach außen abgeleitet.

Das gereinigte Obst wird auf Dörrgitter aus Edelstahl gegeben, die auf Rahmen aus Eichenholz ruhen. Die Dörrahmen, auch Hürden oder Horden genannt, werden dann in die Schienen eines Metallgestelles eingeschoben. Jede der acht Hürden hat eine Fläche von über 1 m², so dass der Ofen insgesamt zur Obsttrocknung eine Fläche von etwa 10 m² bietet.

Der Trockenraum kann über zwei Flügeltüren aus Holz verschlossen werden, die über einen Riegel gesichert werden. Die Temperatur des Ofens ist an einem Thermometer abzulesen, dessen Fühler über eine Öffnung in den Trockenraum hineinragt.

Das Dörrgut wird im Temperaturbereich zwischen 40° und 80° C getrocknet. Überwiegend findet der Trocknungsprozess jedoch zwischen 50°C und 60°C statt. Dadurch wird das Obst schonend, aber auch über einen längeren Zeitraum getrocknet.

So befindet sich das Obst, je nach Wassergehalt  und Größe der Stücke, manches Mal über drei Tage im Dörrofen, bevor es ausreichend trocken ist. Haben die getrockneten Früchte noch zu viel Restfeuchte, können sie bei Lagerung anfangen zu schimmeln.

Lagerung des Dörrobstes

Der Lagerraum sollte möglichst kühl und trocken sein. Um das Obst ausreichen vor Feuchtigkeit und Schädlingen zu schützen, ist die luftdichte Verpackung in verschließbaren Gläsern optimal. Alternativ lässt sich Trockenobst auch vakuumieren und anschließen einfrieren.

Verwendung von Dörrobst

Trockenfrüchte eignen sich gut als gesunde Nascherei und auch gewichtssparender Proviant bei längeren Wanderungen. Aber auch in der Küche lässt sich Trockenobst gut verwenden.

Aus den im August am Haus Assen getrockneten Früchten der „Münsterbirne“, eine Regionalsorte aus dem Rheinland, wurde z.B. im September im Backhaus der Primusschule Schalksmühle der traditionelle Obstkuchen „Schwatze Flaa“ gebacken.

Für die Herstellung von Früchtebroten in Zusammenarbeit mit der Primusschule sind die getrockneten Früchte von Birnen und  Zwetschgen vorgesehen, die am Haus Assen gedörrt wurden.

Dörrobst kann aber auch für herzhafte Gerichte, wie etwa zur Saucenherstellung und als Beilage zu Wild oder Geflügel genutzt werden.