Ende August 2021 konnte durch den Hinweis eines Lüdenscheider Bürgers in Lüdenscheid-Brügge eine neue interessante Pflaumensorte gefunden werden, die als erhaltenswert eingestuft wurde.
Bei der ersten Sichtung des Baumes wurde zunächst vermutet, dass es sich um die Pflaumensorte „Königin Viktoria“ handeln könnte, die von Ende August bis Mitte September reif wird.
Um einen Vergleich mit Früchten der „Königin Viktoria“ zu haben, wurde in Lüdenscheid ein bekannter Baum dieser Sorte aufgesucht. Bei der direkten Gegenüberstellung der Früchte stellten sich gleich wesentliche Unterschiede heraus:
Äußerlich ähnelt die Pflaume aus Lüdenscheid-Brügge zwar etwas der „Königin Viktoria“, diese hat aber sehr abweichende Fruchtsteine, reift später und schmeckt etwas fader. Außerdem ist die „Königin Viktoria“ durch Ihren starken Fruchtbehang anfällig für Fruchtmonilia.
Die Steinobstexpertin Dr. Annette Braun-Lüllemann bestätigte anhand zugeleiteter Früchte, dass die Pflaume aus Lüdenscheid-Brügge eine eigenständige Sorte ist.
Nach Angabe des Baumbesitzers ist die ca. 40-50 Jahre alte Pflaume als Zufallssämling entstanden. In der Nähe des heutigen Baumstandortes standen früher mehrere Bäume der Bühler Zwetsche und eine Gelbe Eierpflaume. Es ist zu vermuten, dass es sich bei der neuen Sorte um ein Kreuzungsprodukt aus den beiden Sorten handelt.
Die Pflaume hat den Arbeitsnamen (AN) „Lösenbacher Bunte“ erhalten.
Um die Baumgesundheit zu fördern und in den nächsten Jahren auch Edelreiser in guter Qualität gewinnen zu können, wurde der Pflaumenbaum Ende August nach Rücksprache mit dem Baumbesitzer moderat zurückgeschnitten.
Beschreibung AN „Lösenbacher Bunte“
Baum: Mittel-stark bis stark wachsend. Bildet eine breitpyramidale Krone aus. Frucht: Die gelb-bunten eiförmigen Früchte reifen zwischen Mitte und Ende August. Bei Vollreife färbt sich die Frucht rot-violett. Die Fruchthaut zeigt eine feine rötliche Punktierung. Durchschnittliche Früchte sind mittelgroß und groß und haben ein Gewicht von 28-32 Gramm. Die Bauchnaht der AN „Lösenbacher Bunten“ ist nur leicht ausgeprägt. Der Stiel ist ca. 10 mm lang. Der Geschmack der Pflaume ist durch den Säureanteil und das gute Aroma sehr angenehm. Verwertung: Die Früchte eignen sich überwiegend für den Frischverzehr. Eine Verarbeitung zu Kuchen oder Mus ist aber auch möglich. |
Bei der Sortenerfassung im Rahmen des LEADER-Projektes gibt es in den einzelnen LEADER-Regionen überwiegend bei Apfel und Birne Funde von unbekannten Sorten. Darunter sind in der Regel auch Zufallssämlinge.
Da das Steinobst, und besonders die Pflaumen, in den meisten Obstwiesen und Gärten Südwestfalens weniger stark vertreten ist, gelingen hier relativ selten interessante Neufunde.
Weil Pflaumen durch die geringe Haltbarkeit der Früchte nur begrenzt genutzt werden können, ist es für den Obstliebhaber meist auch praktikabler mehrere Apfelbäume zu pflanzen.
Dadurch dass hier überwiegend nur wenige Pflaumensorten angebaut und die Bäume in der Regel nicht sehr alt werden, ist die Sortenvielfalt hier sehr überschaubar.
In den meisten Gärten findet man die Hauszwetsche, gefolgt von Bühler Zwetsche, Nancy Mirabelle, Königin Victoria und einigen Reneclauden-Sorten. Daneben bieten die Baumschulen und Gartencenter auch einzelne neuere Pflaumensorten an.
Daher ist der Neufund einer großfruchtigen und interessant schmeckenden Pflaume schon etwas Besonderes. Die neue Sorte AN „Lösenbacher Bunte“ sollte im Raum Lüdenscheid jedenfalls weiter erhalten und verbreitet werden. Im Frühjahr 2022 sind Veredelungen zur Sicherung der Sorte eingeplant.