Wiederentdeckung der Pflaumensorte „Hünsborner Kornprümchen“

Über Frau Dr. Roswitha Kirsch-Stracke, die gebürtig aus Wenden stammt, sind wir Ende Januar 2021 auf die regionale Pflaumensorte „Hünsborner Kornprümchen“ aufmerksam gemacht worden.
Bei dieser Pflaume handelt es sich laut Frau Kirsch-Stracke um eine rot-blaue, runde Frühsorte, die zwischen Ende Juli und Mitte August reift. Aus den schwer steinlösenden Früchten lässt sich ein gutes Kompott herstellen. Dazu werden die Früchte erhitzt und durch eine „Flotte Lotte“ passiert.

Der Sortenname deutet auf die Reife der Frucht während der Getreideernte hin. Prümchen als Verkleinerungsform hängt mit der geringen Größe der Pflaume zusammen.
Die Pflaume wird auch von Agnes Sternschulte in dem Buch „Obst in Westfalen“ aus dem Jahr 1990 für die Region Sauerland erwähnt.

Der letzte Frau Kirsch-Stracke bekannte Baum stand bei Familie Böhler in Wenden, der mittlerweile auch schon gefällt war.
Das „Hünsborner Kornprümchen“ schien vorerst verschollen.  Auch in dem in den Jahren 2012-2015 durchgeführten Obstprojekt „Erhaltung der genetischen Ressourcen im Obstbau“ des NABU-NRW konnte die Pflaumensorte nicht gefunden werden.
Ein Sortenaufruf im Februar 2021 in verschiedenen Zeitungen im Raum Wenden und dem angrenzenden Siegerland sollte näheres in Erfahrung bringen. Nach den veröffentlichten Artikeln zum „Hünsborner Kornprümchen“ gingen mehrere Meldungen im Naturschutzzentrum Märkischer Kreis ein, die vielversprechend klangen.
Insgesamt sechs Meldungen stammten aus Wenden-Hünsborn. Zwei Bäume wurden aus Wenden-Ottfingen und einer aus Wenden-Schönau gemeldet. Die „Kornprümchen“ in Ottfingen und Schönau gehen auf verwandtschaftliche oder freundschaftliche Kontakte zu Personen aus Wenden-Hünsborn zurück.
Im März/April 2021 sind dann einige der gemeldeten Standorte des „Hünsborner Kornprümchens“ aufgesucht worden. Bei zwei Baumbesitzern erhielten wir auch eingekochte, bzw. eingefrorene Früchte des „Kornprümchens“. So bestand die Möglichkeit, die Pflaume auch über die Fruchtsteine durch die Steinobstexpertin Dr. Annette Braun-Lüllemann bestimmen zu lassen.

Annette Braun-Lüllemann ging zunächst davon aus, dass das „Hünsborner Kornprümchen“ mit der in Westdeutschland als „Erntepflaume“ oder „Marange“ bezeichneten Frühpflaume übereinstimmt. Die Fruchtsteine des „Hünsborner Kornprümchens“ weichen jedoch von denen der Erntepflaume ab, wie Annette Braun-Lüllemann nach der Untersuchung von zugeleiteten Steinproben feststellte.
Daher wird es zur Reifezeit dieser lokalen Pflaume wichtig sein, möglichst von vielen Standorten des Kornprümchens Anfang August reife Früchte zur Bestimmung zusammen zu tragen.

Da es uns einige Baumbesitzer zwischen Ende März und Anfang April ermöglichten ausreichend Jungbäume mitzunehmen, werden zurzeit an verschiedenen Stellen in Südwestfalen kleine Pflanzen des „Hünsborner Kornprümchens“ unter unterschiedlichen Bedingungen kultiviert.

Weil die Pflaumensorte wurzelecht ist, sind alle aus den Wurzelausläufern des Mutterbaumes hervorgehenden kleinen „Kornprümchen“ mit diesem identisch. Deshalb ist die Sortensicherung durch Veredelung beim „Hünsborner Kornprümchen“ nicht notwendig.

Fruchtbeschreibung:
Die kleine bis mittelgroße, rundlich-ovale Frucht reift zwischen Ende Juli und Anfang August und hat dann eine rötlich-violette Farbe.
Das gelbe Fruchtfleisch löst sich nur schwer vom Stein. Die aromatische und süßsaure Frucht eignet sich sowohl zum Frischverzehr, als auch für die Marmeladenherstellung.

Baumbeschreibung:
Der mittelstark wachsende Baum bildet eine trichterförmige Krone aus, die im Alter nach außen hängt. Da das „Hünsborner Kornprümchen“ wurzelecht ist, sind unter den Altbäumen häufig Wurzelausläufer zu finden, die zur Vermehrung der Sorte genutzt werden können.

Ausblick:
Da im Raum Wenden die Pflaumenernte in 2021 nach bisherigen Informationen recht gut ausfällt, wird die Sortenbestimmung des „Hünsborner Kornprümchens“ im August die Identität und Herkunft dieser lokalen Pflaumensorte vermutlich klären können.
Da es noch etwas über 10 Altbäume des „Hünsborner Kornprümchens“ rund um Wenden-Hünsborn gibt, werden die Verwertungsmöglichkeiten der Pflaume nach der Ernte noch einmal näher untersucht. Die Eignung zur Obstbrand- und Likörherstellung, sowie zur Trocknung im Dörrofen sollen dann ausgetestet werden.